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Historische Hand- und Hausarbeitstechnik Arne Paysen
 

 

Geschichte der Köhlerei

Vor Einführung der fossilen Brennstoffe wie Steinkohle, Erdöl und Erdgas waren fast alle Handwerke auf die Verwendung von Holz und Holzkohle zur Wärmegewinnung angewiesen. Dieses gilt besonders für die metallverarbeitenden Gewerke, aber auch für Ziegeleien, Kalkbrennereien und Haushalte. Hergestellt wurde die Holzkohle in Kohlemeilern, die in Schleswig-Holstein meist als bäuerliches Nebengewerbe direkt im Wald betrieben wurden. In den vom Bergbau geprägten Mittelgebirgen gab es häufiger Köhler, die direkt von den Bergwerken oder den Schmiedebetrieben beschäftigt wurden. Viele Flurnamen, - wie etwa Mielberg oder Köhlerkoppel - deuten noch heute auf dieses einst weit verbreitete Gewerbe hin.

Die Köhlerei ist ein sehr altes Handwerk, bereits Thephrast (371-287 v. Chr.) erwähnt die Köhlerei in Gruben zur Holzkohleherstellung. Plinius der Ältere (ca. 23-79 n. Chr) erklärt bereits die bis vor wenigen Jahrzehnten noch übliche Verkohlung in stehenden Meilern. Beide geben außerdem eine kurze Beschreibung der Eigenschaften von Holzkohle. Auch im Spätmittelalter, mit Ausweitung der Bergbauindustrie rückt die Holzkohleherstellung wieder ins Interesse der Wissenschaft. So beschreibt Vanoccio Biringuccio 1540 sehr ausführlich die Eigenschaften der einzelnen Holzarten und die Technik des Köhlerns.

Grubenmeiler und stehender Meiler auf Holzschnitten bei Biringuccio 1540

Ebenfalls im 16. Jahrhundert kommt die Waldnutzung durch die Köhlerei in den Fokus der Waldgesetzgebung. Der massive Holzeinschlag, gerade im Jungholz, und die häufige Waldbrandgefahr führen zu einer Reglementierung der Köhlerei, die regional sehr unterschiedlich ausfallen kann. Gängiger Weise wird nun in stehenden Meilern verkohlt. Die eigens zur Köhlerei aufgeschütteten Terrassen kann man besonders in den Mittelgebirgen häufig sehen, im Flachland zeichnen sich Meilerstellen oftmals nur durch eine Holzkohlekonzentration im Waldboden aus und sind schwer zu finden. In Schleswig Holstein wird 1681 in der "Glücksburger Hochfürstlichen Holzverordnung" zum ersten mal die Köhlerei reglementiert. Dort heißt es (nach F. Mager, 1930):

Die Meiler sollen jedes Mal von denen Kohlbrennern an solche Örter gesetzt und gebrennet werden, alwo sie denen Hölzungen keinen Schaden thun können, und sollen bei selbigen die Kohlenbrenner so Tages und Nachts verbleiben, bis sie ausgebrannt sein.

Wenige Jahre später wird dieses Gesetz in der "Fürstlich Schleswig-Holsteinischen Holzordnung" von 1695 weiter verschärft, indem Waldgebiete einem verantwortlichen Pächter zugewiesen werden:

Allermassen an den Orten, allwo es bißhero noch nicht geschehen, die zu jeder Dorffschaft gehörige Holtzung unter den ganzen und halben Hufenern des Dorffs der·gestalt eingetheilet werden soll, daß ein jeder Mann seinen District oder Anteil im Holtz wissen und selbige gebührend in acht nehmen könne.

Neben der Waldbrandgefahr ist es vor allem die Angst, dass das für so viele Menschen und Gewerke so notwendige Holz zu knapp werden könnte. Deshalb wird der Holzeinschlag in vielen Regionen reglementiert. Ein gutes Beispiel für eine nachhaltig konzipierte Waldwirtschaft zum Zwecke der Köhlerei ist das Köhlereiregister des Klosters Ahrensbök in Ostholstein. Hierin sind von 1455 bis 1566 viele Pachtverträge zwischen selbständigen Köhlern und dem Kloster aufgeführt. Aus den Verträgen wird deutlich, dass die Waldflächen erst nach einer Schonzeit von 18 bis 24 Jahren wieder der Köhlerei zur Verfügung gestellt wurden. Archäobotanische Untersuchungen an zwei Meilerstellen der Region haben gezeigt, dass die Köhlerholzungen aus Hainbuchenniederwäldern bestanden, die in regelmäßigem Umtrieb bewirtschaftet wurden und erstaunlich hohe Zuwächse aufwiesen. Eine ähnliche Waldwirtschaft, die vorrangig auf Eichen und Birken basierende Haubergwirtschaft, kann auch im Siegerland seit dem 15. Jahrhundert nachgewiesen werden.

Im Barock wird das Holz zunehmend knapper, so dass In der "Allgemeinen schleswig-holsteinischen neuen Forst- und Jagdverordnung von 1784" das Köhlern in den landesherllichen Wäldern endgültig untersagt wird. Allein minderwertiges Holz wird noch vom Förster freigegeben.

§ 99: In Unseren so wenig als in Kirchen- Hospitals- und Pfarr-Hölzungen werden Kohlenbrennereyen geduldet bey 10 Rthlr. Strafe. Wenn aber jemand aus Unseren Hölzungen Wurzel-Holz und Stubben erhalten haben sollte, die er zu Kohlen zu brennen wünscht, so muß er, wenn er dazu auf seinen eigenen Gründen keine Gelegenheit hat, solches beym Amtmann und Jägermeister anzeigen, damit ersterer ihm durch den Hausvogt einen unschädlichen Platz außerhalb der Hölzung anweisen lasse, letzterer aber den Forstbedienten, wegen der beym Kohlenbrennen zu führenden Aufsicht, das nötige aufgeben könne […]

In Sachsen, einer der vorreitenden Industrieregionen des Barockzeitalters arbeitete Hanß Carl von Carlowitz, verantwortlich für den Holznachschub der Montanindustrie und der noch jungen Porzellanhütte in Meißen, ein Waldbaukonzept aus, in dem das Wort "Nachhaltigkeit" erstmalig definiert wird. Er erkannte, dass nie mehr Holz verbrannt werden darf, als auf der genutzten Fläche nachwachsen kann, da sonst die Industrie zu einem raschen Ende finden würde. Seine Erkenntnisse sind in dem Werk "Silvacultura oeconomica oder Anleitung zur wilden Baumzucht" von 1713 dargelegt. Er widmet ein großes Kapitel allein der Köhlereitechnik, damit beim Brand der Kohlen kein Holz verschwendet würde.

Vom 18. bis zum späten 19. Jahrhundert erschienen eine Vielzahl von Büchern, welche die Köhlereitechnik in verschiedenen Regionen beschreiben. Ihr Ziel ist immer das Gleiche: den Holzmangel und den dadurch folgenden Industriekollaps durch möglichst effektive Köhlereiverfahren abwenden. Gleichzeitig wuchs der Kohlenverbrauch ins Unermessliche. Erst mit Erfindung der Dampfmaschine und der Eisenbahn gelang es, Steinkohlen in ausreichender Menge zu den Eisenhütten zu transportieren und so einen Ersatzstoff für Holzkohle zu finden. In moorigen Regionen wurde außerdem Torf zu Kohle gebrannt und an die Schmieden verkauft.

Verschiedene Meilertypen im Querschitt nach Wagner 1871

Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Retortenmeiler erfunden, der als stationärer Industriebetrieb einen höheren Wirkungsgrad erreichen konnte als die seit nunmehr fast 2000 Jahren fast unveränderte Köhlerei in stehenden Meilern. Erstmalig in der Geschichte der Köhlerei wurde nun das Holz zum Meiler und nicht die Meilerstelle zum Holz bewegt. Durch die schnellere und effektivere Verkohlung in den Retorten wurden die stehenden Meiler bis heute fast vollständig verdrängt, allerdings ist die Holzkohlequalität aus traditionellen Meilern um einiges höher. Im Gegensatz zu Retortenholzkohle entwickelt sie weniger Rauch und Flammen und erreicht eine höhere Temperatur.

 

 

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